Männercoaching: Braucht der moderne Mann Therapie?

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Autor: Lars Heemann Heilpraktiker für Psychotherapie und Männercoach

Männer und Therapie – das geht auch für moderne Männer oft nicht zusammen: der Mann schafft es doch alleine, er zeigt keine Schwäche und schon gar keine Gefühle wie Angst oder Trauer; und Bedürfnisse wie Geborgenheit? Nichts für „echte“ Männer! Ein Männercoaching bedeutet für mich die (Wieder-) Entdeckung der eigenen aggressiven Handlungsenergie und diese mit der eigenen Herzensenergie zu verbinden: so können typisch männliche Tugenden wie Mut, Durchsetzungsvermögen und Stärke gelebt werden und Gutes bewirken, anstatt in toxischer Männlichkeit oder sinnloser Gewalt und Aggression zu enden.

Der moderne Mann: Ein Fall für den Männercoach?

Auch „moderne“ Männer sterben 7-8 Jahre früher als Frauen; die Suizidrate bei Männern ist dreimal höher als bei Frauen; die große Mehrheit der Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten und Lernschwierigkeiten sind Jungen; viermal mehr Männer als Frauen sterben an den Folgen von Drogen und Alkohol…..

In der therapeutischen Praxis zeigen sich zunehmender Leistungsdruck, Sinn- und Orientierungslosigkeit. Oftmals gespeist aus einer emotionalen Abhängigkeit heraus, erdulden auch Männer in Beziehungen erstaunliche Demütigungen, Schikanierungen und Bloßstellungen durch ihre Partner.

Es scheint als werden Männer nicht zuletzt durch die zunehmende Gleichberechtigung von Frauen in ihrer Identität und in ihrem Rollenverständnis mehr und mehr verunsichert. Eine typisch „männliche“ Reaktion darauf: Schweigen und Rückzug! (und welche Frau ist nicht schon daran verzweifelt?). Also höchste Zeit für ein Männercoaching?

Männer von heute: Kleine Jungs in Anzügen!?

In unserer Gesellschaft werden Kinder und insbesondere auch Jungen in den ersten ca. 1o Jahren ihres Leben v.a. mit weiblichen Bezugspersonen sozialisiert: Im Kindergarten, in der Grundschule sind überwiegend Erzieherinnen und Lehrerinnen tätig. Auch wenn sich hier einiges verändert seit einigen Jahren: Die eigenen Väter arbeiten und/oder sind nicht sonderlich an der Erziehung interessiert und damit wenig als Vorbild verfügbar. Auch im Falle einer Trennung der Eltern bleiben die Kinder überwiegend bei der Mutter.

Gerade für Jungs ist es daher manchmal schwierig, in ausreichendem Maße zu erleben, was es heißen kann, ein Mann zu sein, da schlicht und ergreifend die Gelegenheiten dazu fehlen. Vereinfacht gesprochen kann ein zu starker und lang andauernder Einfluss von Weiblichkeit dazu führen, dass Männer oft ein Leben lang und unbewusst unter der „emotionalen Fuchtel der Mutter“ stehen: Sie bleiben in Ihrer Art jungenhaft, emotional abhängig von Frauen und haben wenig bis keinen Zugang zu einer gesunden Aggression und damit Durchsetzungs- und Handlungsfähigkeit.

Aggression: tabuisierte Handlungsenergie

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Aggression in der heutigen Zeit und in unserer Gesellschaft sehr negativ belegt ist – vermutlich da wir sie vor allem in Form von Kriegen und Gewalt in ihrer rohen, unreifen Form erfahren.

Nur: Wohin damit, Mann?
Die einfachen und langfristig meistens unbefriedigenden Antworten lauten etwa so: Extremsport, Autofahren, Arbeiten, Karriere, eine junge Geliebte oder viele, viele Trainings, die einen zum „Mr. Nice Guy“ und zum „Allesversteher“ werden lassen. Gerade über letzteres scheint sich der moderne Mann besonders auszuzeichnen.

Wie wäre es, die zahlreichen männlichen Tugenden wie Aggression, Mut, Durchsetzungsstärke dafür zu nutzen, ein sinnvolles und erfüllendes Leben zu führen anstatt sie „wegzumachen“?
Das kann Extremsport, Karriere, Autofahren und sonst etwas sein – aber dann bitte bewusst und nicht als unbewusste Flucht vor den eigentlichen Konflikten! Wenn Sie das Gefühl haben, dass sich das, was Sie tun „irgendwie“ leer oder sinnlos anfühlt oder Sie immer an die falschen Frauen, Chefs oder Kollegen geraten, kann das ein Indikator dafür sein, dass Sie vor etwas weglaufen:

  • Vielleicht macht Ihnen Ihre Aggression unbewusst Angst, da Sie gelernt haben, dass Harmonie und Verständnis immer über allem stehen?
  • Vielleicht haben Sie unbewusst Angst, auf Ihr Herz zu hören, da Sie gelernt haben, „stark“ zu sein (nach dem Motto: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“ oder „Indianer kennen keinen Schmerz“)?
  • Vielleicht haben Sie Angst vor der eigenen Courage, da Sie gelernt haben, dass es viel zu gefährlich ist, etwas alleine zu wagen?

Wann ist ein Mann ein mann….?

Meine Antwort auf die von Herbert Grönemeyer seinerzeit gestellt Fragen lautet kurz gesagt: Ein Mann ist ein Mann, wenn er typisch männliche Eigenschaften wie Durchsetzungsfähigkeit, Mut, Willenskraft mit der Weisheit und Energie seines Herzens, also letztlich der Liebe, verbindet (Björn T. Leimbach bezeichnet dies als „Herzenskrieger“).

Im Rahmen eines Coachings bzw. einer Therapie speziell mit und für Männer geht es viel darum, die eigenen Aggression (wieder) zu entdecken, diese mit der Herzensenergie (der Liebe) zu verbinden und so für ein eigenes, bewusstes Leben in persönlicher Freiheit zu nutzen.

Ohne Aggression ist keine Abgrenzung, keine eigene Identität und letztlich keinerlei Handlung möglich. Für Männer, deren Aufgabe es über Jahrtausende war, zu jagen und für das eigene Überleben auch zu töten, ist die Tabuisierung von Aggression besonders tragisch.

Der Moderne und neue Mann: Krieger mit herz

Der Weg zur modernen Männlichkeit führt für mich zu der gelebten Balance zwischen typischen männlichen Eigenschaften in Verbindung mit unserm Herzen:

  • Mut ohne Herz wird zu Dummheit
  • Durchsetzungsvermögen ohne Herz wird zu Starrsinn
  • Aggression ohne Herz wird zu Gewalt
  • Liebe ohne Herz wird zu bloßem Sex

Wir haben alles in uns: Mut, Durchsetzungsvermögen, Aggression und ein Herz – ich begleite Sie in einem Coaching für Männer gerne auf Ihrer individuellen Entdeckungsreise. Gerne machen Sie einen kurzen Selbsttest, um zu schauen, ob und inwieweit Sie Ihre Handlungsenergie im Sinne einer positiven Aggression ausschöpfen:

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